kurt sommer

                                                                       

Vom malerischen Reiz des Vergänglichen

Burgdorf/ In zwei Ausstellungen mit Motiven aus Italien gibt der in Affoltern im Emmental lebende Maler Kurt Sommer vom 15. Mai an Einblick in sein aktuelles Schaffen. „Donne“ sind im Restaurant Emmenhof zu sehen, „case“ in der Galerie Hohengasse 5 von Ueli Gerber.

Donne e case – Frauen und Häuser: eine überraschende Kombination. Doch gerade diese Themen bilden gegenwärtig die Schwerpunkte in der Arbeit von Kurt Sommer. Und sie haben erstaunlicherweise einen gemeinsamen Ursprung. Auf seinen Reisen nach Frankreich, Spanien und Italien fielen dem Künstler immer wieder die verblassten Malereien an alten Häusern auf, die für Zigaretten oder für einen Aperitif werben. Sie wurden wichtige Motive für seine Malerei, und über sie fand auch die Frau, ein attraktives Element aller Werbung, Eingang in seine Bilder.

Grosse Bauernhöfe, frühe Industriebauten, steinerne Scheunen, alle nutzungs- und damit nutzlos, mit lädierten Mauern und einstürzenden Dächern, dem Verfall preisgegeben, hat Kurt Sommer im Podelta aufgespürt und beobachtet. In Civitella d’Agliano, einem Städtchen im nördlichen Latium, wurde er von kleinen Plätzen und engen Gassen mit ihren Häuserzeilen angezogen - auch sie haben bessere Zeiten gesehen, auch sie gehören nicht zu den touristischen Sehenswürdigkeiten. Aber gerade das Unspektakuläre dieser Spuren von Vergänglichkeit zieht Sommer an. Er liest daraus die Geschichte und die Geschichten der Gebäude und ihrer Bewohner, nicht als Historiker oder Archäologe, sondern als wahrnehmender und fühlender Künstler, der von ihrer melancholischen Atmosphäre angezogen wird.

Fotos und Skizzen dienen als Gedächtnisstütze für die Bilder, die im Atelier in einem langen Prozess entstehen. Inhaltlich geht es dabei nicht um eine detailgetreue Wiedergabe der Wirklichkeit, wo etwa jedes Fenster, jede Türe am richtigen Platz wäre. So entstünden blosse „Helgeli“, sagt Sommer. Ziel ist vielmehr eine Rückführung  auf das Wesentliche, auf Mauern und Dächer und auf  ihr Verhältnis zueinander. Durch den Verzicht auf bloss zufällige Merkmale holt er das Charakteristische eines Gebäudes hervor und bezieht es zugleich auf den Typus des Hauses und auf dessen ursprüngliches Wesen. Denn für ihn bildet das Haus die dritte Haut des Menschen, eine Höhle, in die dieser sich zurückziehen kann und wo er Geborgenheit findet, wo er aber auch gefangen sein kann.

Aber als Maler richtet er sein Augenmerk nicht nur auf inhaltliche, sondern ebenso auf formale Eigenheiten, auf die Art, wie die Häuser als Kuben, als Skulpturen sozusagen, sich im und zum Raum verhalten. Dabei spielen Licht und Schatten eine entscheidende Rolle, und ihrem Gegensatz und Zusammenspiel gilt bei der Komposition seine besondere Aufmerksamkeit. So entstehen Bilder, die bei aller Gegenständlichkeit eine deutliche abstrakte Komponente enthalten. Belebt wird diese formale Klarheit und Strenge durch die zurückhaltende, aber reiche und nuancierte Farbigkeit, die sich im Laufe der Arbeit an der Staffelei  durch die Überlagerung von zahlreichen Schichten allmählich aufbaut. Die einzelnen Flächen vibrieren dadurch in einer subtilen Abstufung von Tönen, und aus ihrem Zusammenspiel bildet sich der für die Arbeiten von Kurt Sommer charakteristische lyrische Farbklang.

 

Vorbilder der Donne sind Models aus italienischen Zeitschriften, bekannte und unbekannte, noch erfolgreiche und bereits abgetakelte, mit ganz unterschiedlichem Charakter. Eines von ihnen blickt den Betrachter aus einem grossformatigen Bild, das dennoch nicht sein ganzes Gesicht zu fassen vermag, mit intensiv blauen Augen verführerisch an – eine ungebrochene Hommage des Künstlers an die erotische Ausstrahlung und an die Schönheit der Frau, die er aus der Klischeehaftigkeit befreit, indem er ihr individuelle Züge verleiht. In anderen Arbeiten ist diese Schönheit wohl noch gegenwärtig, aber sie wird in Frage gestellt. In „Ero velina“ zum Beispiel, wo die junge Frau ihrer höchstens nach aussen hin attraktiven Vergangenheit nachsinnt. (Veline heissen jene uniform leichtgeschürzten Mädchen, welche in den Unterhaltungssendungen des italienischen Fernsehens auftreten.)  „Sie hat mächtige Hände, Pranken“, sagt Kurt Sommer. „Das ist Absicht, sie ist ein ahnungsloses Landei, das in diese Maschinerie geraten ist.“ So formuliert er mit malerischen Mitteln diskrete Kritik. Brüche im wörtlichen Sinn werden dort sichtbar, wo das Gesicht oder der Akt als Werbung auf einer Mauer dargestellt werden. Der Verputz bröckelt ab, Risse laufen durch den idealen Körper, Teile von ihm fehlen. So zeigt sich die Vergänglichkeit, die vor der Schönheit nicht Halt macht, eine schmerzliche Einsicht, welche diesen Bildern eine innere Spannung verleiht. Zu ihr trägt auch ein leiser schwarzer Humor bei. Und vielleicht eine Spur Schadenfreude darüber, dass selbst die von der Natur bevorzugt Behandelten sich ihren Gesetzen nicht entziehen können.            

Dr. Hans Baumann      im  Mai 2004

 

 

Next >

Next >

"1945 in Burgdorf  geboren und daselbst aufgewachsen. Nach den üblichen Schulen auf Wunsch der Eltern einen „anständigen“ Beruf erlernt, gemalt und Musik gespielt. 1969 -71 Studienaufenthalt in Wien  an der Akademie für Musik und bildende Künste,
1978 in Affoltern i. E. ein Stückland gekauft und mit dem schier unendlichen Bau eines bewohnbaren Ateliers begonnen, lebt dort seit 1979 als freischaffender Maler, und das Atelier ist immer noch nicht fertig.

 Eigentlich war ich Landschaftsmaler, weil mich Landschaften mit ihren Stimmungen und den vielfältigen Lichtverhältnissen fesselten. Und die Spuren der Menschen, in meinen Bildern häufig in Form von Häusern, Kanälen oder Strassen zu sehen. Diese Spuren bergen unendliche Geschichten, gelebt, geträumt, die Farben verblassen, Risse entstehen, die Mauern erzählen wortlos und ich lasse mich gerne auf den Dialog ein. Und so entstehen nun Häuserbilder, Häuserporträts mit aufgemalten und verblassten Werbebildern, welche sich immer mehr verselbstständigen.."

                                                                                                                                                                                                Kurt Sommer


                                  

                                                                                                                                                                                                          

Ausstellungen

Seit 1968 mehr als 70 Ausstellungen, davon eine Auswahl:

1980

Galerie Bertram, Burgdorf

1979

Weihnachtsausstellung Kunsthalle Bern, Bern

1982

Galerie Schlossberg, Burgdorf

1983

Galerie Vinelz, Vinelz

1984

Rest. Kreuz, Nidau

 

Dorfgalerie, Wynau

1986

Alte Kirche, Härkingen

 

Galerie alte Seilerei,Mühledorf

1987

Güterschuppen Bahnhof Steinhof, Burgdorf

1988

Galerie Stöcklikeller, Langnau

1989

Galerie Bertram, Burgdorf

1990

Hotel Metropol, Interlaken

1994

Kornhaus, Herzogenbuchsee

1995

Galerie alte Schmiede, Üttligen

1996

Städtische Galerie, Wangen a. Aare

1997

Galerie Rüttihubelbad, Walkringen

 

Altes Schlachthaus, Schlachthausfrühling, Burgdorf

 

Kulturarena Wittigkofen, Bern

 

Galerie Arthena, Herzogenbuchsee

1999

Alte Kirche, Härkingen

 

Kulturmühle, Lützelflüh

 

TAN-Gallery, Zürich

2000

Galerie 25, Siselen

 

Landhaus, Solothurn

2001

Galerie du Faucon, La Neuveville

 

Schlösschen Vorderbleichenberg, Biberist

2002

Galerie Schürer, Biel

2003

Kulturmühle, Lützelflüh

 

Klinik Bethesda, Tschugg

 

Galerie 25, Siselen

2004

Galerie Roland Aphold, Basel

 

Galerie Hohengasse 5, Burgdorf

2005

Galerie Vinelz, Vinelz

 

Schlösschen Vorderbleichenberg, Biberist

 

Galerie Roland Aphold, Basel

2006

Galerie Erlengut, Steffisburg

 

Kulturmühle, Lützelflüh

2007

 Depot, Burgdorf

 

Alte Kirche, Härkingen

 

Galerie Vinelz, Vinelz

 

 


PDF

 


 

 


KurtSommerHome

 
Kurtsommer

 
bilder

 
KurtSommer